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Meine Sträuße

So oft mir ward eine liebe Stund'
Unterm blauen Himmel im Freien,
Da habe ich, zu des Gedenkens Bund,
Mir Zeichen geflochten mit Treuen,
Einen schlichten Kranz, einen wilden Strauß,
Ließ drüber die Seele wallen;
Nun stehe ich einsam im stillen Haus,
Und sehe die Blätter zerfallen.

Vergißmeinnicht mit dem Rosaband -
Das waren dämmrige Tage,
Als euch entwandte der Freundin Hand
Dem Weiher drüben am Haage;
Wir schwärmten in wirrer Gefühle Flut,
In sechzehnjährigen Schmerzen;
Nun schläft sie lange. - Sie war doch gut,
Ich liebte sie recht von Herzen!

Gar weite Wege hast du gemacht,
Camelia, staubige Schöne,
In deinem Kelche die Flöte wacht,
Trompeten und Cymbelgetöne;
Wie zitterten durch das grüne Revier
Buntfarbige Lampen und Schleyer!
Da brach der zierliche Gärtner mir
Den Strauß beim bengalischen Feuer.

Dies Alpenröschen nährte mit Schnee
Ein eisgrau starrender Riese;
Und diese Tange entfischt' ich der See
Aus Muschelgescherbe und Kiese;
Es war ein volles, gesegnetes Jahr,
Die Trauben hiengen gleich Pfunden,
Als aus der Rebe flatterndem Haar
Ich diesen Kranz mir gewunden.

Und ihr, meine Sträuße von wildem Haid',
Mit lockerm Halme geschlungen,
O süße Sonne, o Einsamkeit,
Die uns redet mit heimischen Zungen!
Ich hab' sie gepflückt an Tagen so lind,
Wenn die goldenen Käferchen spielen,
Dann fühlte ich mich meines Landes Kind,
Und die fremden Schlacken zerfielen.

Und wenn ich grüble an meinem Teich,
Im duftigen Moose gestrecket,
Wenn aus dem Spiegel mein Antlitz bleich
Mit rieselndem Schauer mich necket,
Dann lang' ich sachte, sachte hinab,
Und fische die träufelnden Schmehlen;
Dort hängen sie, drüben am Fensterstab,
Wie arme vertrocknete Seelen.

So mochte ich still und heimlich mir
Eine Zauberhalle bereiten,
Wenn es dämmert dort, und drüben, und hier,
Von den Wänden seh ich es gleiten;
Eine Fey entschleicht der Camelia sich,
Liebesseufzer stöhnet die Rose,
Und wie Blutes Adern umschlingen mich
Meine Wasserfäden und Moose.



 

 

Vergißmeinnicht] Gemeint ist wahrscheinlich das Sumpfvergißmeinnicht, Myosotis palustris.

Haage] Hag: eingegrenztes Garten-, Wiesen- oder Waldgrundstück; Hecke oder Wallhecke.
Camelia] Kamelie, Camellia japonica, ostasiatischer Zierstrauch mit immergrünen Blättern und roten, auch weißen, Blüten.
Cymbelgetöne] Zimbel: kleines Beckeninstrument.
beim bengalischen Feuer] Anspielung auf ein Gartenfest mit Feuerwerk.
Schmehlen] auch Schmiele: Grasart mit schlanken Halmen.
arme vetrocknete Seelen] bildlich für getrocknete Kräuter.

Fey] Fee.
Wasserfäden] Die Grünalgengattung Chladophora, in Seen und Bächen zahlreich vorkommende Büsche aus verzweigten Zellfäden.

 

Hier gelangen Sie zum Druck des Gedichts in der Ausgabe 1844.